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Das Wirtschaftszentrum

Die wirtschaftliche Bedeutung der Main-Metropole beruht - entgegen der weit verbreiteten Ansicht - nicht nur auf ihrer Funktion als Banken- und Börsenzentrum. Die folgende Tabelle verdeutlicht dies nachdrücklich:

Wirtschaftliche Kenndaten
Quellen:
  1. Stadt Frankfurt am Main
  2. Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH
  3. Bundesagentur für Arbeit - [Detaildaten]
Anmerkungen:
  1. Stichtag 31.12.2005
  2. Jahresdurchschnitt 2005 - Arbeitsamtsbezirk Frankfurt a.M.
  3. bezogen auf abhängige Erwerbspersonen
Einwohner 1 a):651.583
Arbeitsplätze 2):ca. 590.700
Einpendler 2):ca. 309.000
Arbeitslose 3 b): 
absolut:34.386
Quote c):11,8 %
Unternehmen insgesamt 2):ca. 45.150
Werbeagenturen:3.686
PR-Agenturen:168
Marktforschungsunternehmen:343
Unternehmensberatungen:1.800
Rechtsanwälte:6.759
Steuerberater:3.639

Und die Zahlen bestätigen ebenfalls deutlich, daß Frankfurt ein Dienstleistungszentrum ist. Gerade einmal 16% der Arbeitsplätze sind dem Bereich "Produktion" zuzuordnen, die restlichen 84% hingegen dem Dienstleistungssektor. So gesehen verwundert es auch nicht, daß in einer Stadt, in der jeder Zehnte in einer Bank arbeitet, in der ca. 6.750 Rechtsanwälte und mehr als 5.000 Finanzdienstleister 4.500 Handwerksbetrieben gegenüberstehen, es unvergleichlich viel schwieriger ist, ein defektes Heizungsventil reparieren zu lassen, als jemanden zu verklagen oder sein Vermögen verwalten zu lassen.

Der Frankfurter Flughafen ist mit ca. 65.000 Beschäftigten in mehr als 500 Betrieben bzw. Institutionen die größte Arbeitsstätte Deutschlands. Imageträchtiger für den Ruf der Stadt sind allerdings die zahlreichen Arbeitsplätze in der Medien- und Werbebranche. 8 der deutschen "Top-20-Werbeagenturen" haben ihren Sitz in Frankfurt, und die hier vertretenen 20 Unternehmen aus den "Top-100" betreuten im Jahr 2002 einen Werbeetat in Höhe von 2,23 Mrd. € (Quelle: Daten Fakten Zahlen 2003/2004). Damit und gemessen am Umsatz der Agenturen belegt die Main-Metropole nach Düsseldorf und noch vor Hamburg Platz zwei in Deutschland.

Aufgrund der in der Stadt versammelten geballten Finanz- und Wirtschaftsmacht fielen in der Vergangenheit die Steuereinnahmen - und damit auch der Etat der Kommune - recht üppig aus. Frankfurt nimmt unter den deutschen Großstädten den Spitzenplatz hinsichtlich der kommunalen Steuerkraft pro Einwohner ein, und der Verwaltungshaushalt für das Jahr 2005 ist beispielsweise nur geringfügig kleiner als der von Köln, das immerhin etwa 300.000 Einwohner mehr als Frankfurt zählt. Nicht unwesentlich ist in diesem Zusammenhang allerdings die Tatsache, daß auch der Frankfurter Hebesatz bei der Gewerbesteuer von 515 Punkten (1994 - 1999) im Quervergleich mit den anderen Großstädten "spitze" war. Die Stadt hat jedoch offensichtlich die Zeichen der Zeit erkannt und versucht, durch eine Senkung des Hebesatzes in zwei Stufen auf 490 Punkte (ab 2001) der Abwanderung von Unternehmen entgegenzuwirken [18].

Kommunalfinanzen
Stadt Einwohner a) Kommunale
Steuer-
einnahmen 1 b)
Verwaltungshaushalt 2 c)
EinnahmenAusgaben
Quellen:
  1. Landeshauptstadt München Stadtkämmerei
    CD-ROM Münchner Stadtfinanzen 2006: Finanzdatenvergleich der zwölf größten Städte
  2. Statistische Ämter Frankfurt, Köln, München
Anmerkungen:
  1. Stand 30.06.2004
  2. Gewerbesteuer (netto) + Gemeindeanteil an der Einkommensteuer +
    Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer + Grundsteuer; Rechnungsergebnis 2004
  3. Plan 2005; ohne zentrale Verrechnungen
  4. Haushaltsansatz 2004
[€ je Einwohner][Mio. €][Mio. €]
Frankfurt645.4152.1092.5833.010
München1.268.1911.4464.2974.077
Köln971.2691.0592.6193.238
Stuttgart589.8681.475
Düsseldorf d)571.1501.449
Hannover515.8971.030
Nürnberg494.079997
Essen588.428872
Duisburg505.332695
Dortmund587.965664
Dresden484.580552
Leipzig496.313493

Ausgesprochen befremdlich erscheint die Tatsache, daß eine Stadt, für die Finanz- und Wirtschaftsmacht eine derartig beherrschende Rolle spielen, selbst offensichtlich nicht mit Geld umgehen kann, wie die enormen Verbindlichkeiten (ohne die Schulden von kommunalen Gesellschaften und Eigenbetrieben!) von 1,66 Mrd. € (entsprechend einer pro-Kopf-Verschuldung von ca. 2.534 €) am Ende des Haushaltsjahres 2004 belegen (Quelle: Stadt Frankfurt). Im deutschlandweiten Vergleich nimmt Frankfurt unter den Kommunen damit - neben Köln und München - einen unrühmlichen Platz in der Spitzengruppe ein (Abb. 4).

Die Ursachen hierfür sind vielschichtig und reichen bis in die 80er Jahre zurück, als unter dem CDU-Oberbürgermeister Walter Wallmann (1977 - 1986) teure Prestigeobjekte auf den Weg gebracht wurden. Zwischen 1980 und 1990 entstanden so zum Beispiel (als Neubauten, Rekonstruktionen oder Ergänzungen) 13 neue Museen am Mainufer.

Die finanziellen Folgen spürt die Stadt noch heute. Auch wenn in den letzten 4 Jahren der Schuldenstand langsam aber stetig gesenkt werden konnte, die nach wie vor akute akute Krise der Kommunalfinanzen verheißt nichts Gutes. Das massive Wegbrechen der Gewerbesteuereinnahmen - der Rückgang betrug in Frankfurt zwischen 2000 und 2003 zusammengerechnet ca. 50% (Abb. 5) - konnte von der Stadt nicht ohne weiteres kompensiert werden; ein nach wie vor defizitärer Haushalt ist die logische Konsequenz. Nach knapp 300 Mio. € in 2002, etwa 185 Mio. € in 2003 und 145 Mio. € in 2004 wird für 2005 und 2006 mit einem Fehlbetrag von ca. 135 Mio. bzw. 150 Mio. € gerechnet (Abb. 6) [19]. Wenngleich sich Frankfurt damit in bester Gesellschaft befindet (München, Düsseldorf und Köln sind andere prominente Beispiele [6]) und die aktuelle Entwicklung nicht völlig selbstverschuldet ist - die Stadt muß handeln. Andernfalls droht ihr die Insolvenz (Abb. 7).

Mehr als fraglich ist jedoch, ob die neueste spektakuläre Idee, das sog. Cross-Border-Leasing der Weisheit letzter Schluß gewesen wäre. Mit diesem Kunstgriff sollte das Frankfurter U-Bahn-Tunnel-System zu Geld gemacht werden. Ein US-Investor - so die Vorstellung - mietet die Tunnel für 99 Jahre und die Stadt mietet sie zurück. Da der US-Fiskus solche langfristigen Mietverträge wie Eigentum behandelt, resultiert daraus eine Steuerersparnis, von der die Stadt in diesem Fall mit 100 Millionen Euro profitieren wollte. Sehr schnell jedoch formierte sich der Widerstand. Das von den Globalisierungskritikern Attac zusammen mit anderen Gruppen und kleinen Parteien initiierte Bürgerbegehren gegen CBL hat mit mehr als 45.000 gesammelten Unterschriften die Stadtverordnetenversammlung zum Umdenken bewogen. Mit deutlicher Stimmenmehrheit hat das Stadtparlament die Forderungen des Bürgerbegehrens umgesetzt und entschieden, "keine derartigen Verträge mehr abzuschließen, soweit sie kommunales Eigentum der Stadt Frankfurt betreffen". Cross-Border-Leasing ist damit wohl (vorerst?) vom Tisch.

Solange die Verantwortlichen aber nicht grundlegend umdenken, ist keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil. Die, glücklicherweise vergeblichen, Bemühungen um eine Ausrichtung von Olympia 2012 [7] sowie das aufwendige Rahmenprogramm zur Fußball-Weltmeisterschaft (mit veranschlagten Kosten in Höhe von ca. 6.5 Mio. Euro) lassen Schlimmes befürchten. Frankfurt hat seine Lektion offensichtlich noch nicht gelernt.

Interessante weiterführende Links:

IHK Frankfurt
Die Webseite der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main.
Politik der leeren Hand
Ein lesenswerter Artikel aus Die Zeit.
Dienstleistungsmetropole Frankfurt
Frankfurt als Brennpunkt der Single-Debatte (mit interessanten weiterführenden Links).

URL: http://www.k-faktor.com/frankfurt/kommerz2.htm | Letzte Änderung: 10.10.2006

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